Junge Waldbesucher lernen die heimischen Baumarten zu unterscheiden.

Junge Waldbesucher lernen die heimischen Baumarten zu unterscheiden.

Zwischen Knospe, Käfer und Kettensäge - Ein Blick in die Arbeit des Forstbezirks Plauen

Vischelantes Vogtland

Die Sommersonne fällt in hellen Flecken durch das Blätterdach, während der Wind leise durch die Wipfel streicht. Wer jetzt durch die vogtländischen Wälder spaziert, hört das Knacken trockener Äste, sieht Baumstümpfe und manchmal riesige Holzstapel am Wegesrand. Und dann stellt sich leise diese Frage: Warum sieht der Wald so „aufgeräumt“ und doch irgendwie „kaputt“ aus?

Die Antwort beginnt dort, wo die Verantwortung liegt: beim Staatsbetrieb Sachsenforst. Er kümmert sich im Auftrag des Freistaats Sachsen um tausende Hektar Landeswald – aber auch um sogenannte „Betreuungswälder“, also kommunale und kirchliche Flächen, für deren Pflege die Forstbezirke beratend und planend zuständig sind. Dazu kommen zahlreiche private Waldbesitzer, die Unterstützung suchen.

Doch der Wald ist heute mehr als nur Holzlieferant. Die Aufgaben des Staatsbetriebs Sachsenforst reichen von Klimaschutz und Naturschutz über Jagdkoordination bis hin zu Umweltbildung. „Wir begleiten den Wald durch eine Zeit großer Veränderungen. Dabei sind wir Planer, Krisenmanager, manchmal Vermittler – und immer auch Zuhörer für viele Fragen aus der Bevölkerung“, beschreibt Ines Bimberg, Pressesprecherin des Forstbezirks Plauen und Leiterin des Walderlebnisgartens Eich, die Vielseitigkeit der Arbeit des Sachsenforsts. „Ich wünsche mir mehr Toleranz und Akzeptanz für die Arbeit im Wald – und einen bunten Zukunftswald mit vielen Baumarten und viel Leben darin.“ Ines Bimberg

Warum liegt da ein Baum im Wald?
Fragen wie diese begegnen dem Forstteam oft – und sind meist schnell erklärt. Nicht jeder gefallene Baum muss sofort entfernt werden. Totholz ist Lebensraum für Käfer, Pilze und Vögel. Es speichert Wasser und schützt junge Pflanzen. Auch wenn es für Spaziergänger manchmal chaotisch wirkt: Das scheinbare „Durcheinander“ im Wald ist oft Teil eines geplanten Pflegekonzepts. Dabei geht es nicht um Aufräumen, sondern um ökologisches Gleichgewicht.

„Nach dem Krieg hat man jeden Ast und Zweig aus dem Wald geholt, weil die Menschen Brennmaterial brauchten“, erzählt Ines Bimberg. „Heute wissen wir: Jeder Ast, der verrottet, gibt wertvolle Nährstoffe an den Boden zurück.“

Der Wald im Umbruch – Was hinter der Holzernte steckt
Im Vogtland werden aktuell viele Bäume gefällt – vor allem Fichten. Grund ist der massive Borkenkäferbefall – eine Folge mehrerer trockener Jahre. „Diese Bäume wären ohnehin gestorben“, so Ines Bimberg. Um die Ausbreitung des Schädlings zu stoppen, bleibt oft keine andere Wahl, als schnell und großflächig zu handeln. Befallene Bäume müssen zügig gefällt und aus dem Wald transportiert werden.
Die Fichte, früher das Rückgrat der vogtländischen Forstwirtschaft, gerät zunehmend unter Druck. Sie stammt ursprünglich aus kühleren Regionen mit gleichmäßiger Feuchtigkeit. „Unterhalb von 700 Metern wird sie künftig eine untergeordnete Rolle spielen“, erläutert Ines Bimberg. Dass die Fichte das Vogtland so geprägt hat, ist historisch bedingt: „Vor 300 Jahren brauchte der Bergbau enorme Mengen an Holz. Die Fichte wuchs schnell und war wirtschaftlich attraktiv.“ Heute sind neue Konzepte gefragt – Mischwälder, die besser mit Trockenheit und Extremwetter umgehen können.

Aufforsten für die Zukunft
Die Wälder von morgen entstehen heute oft unter schwierigen Bedingungen. Zwischen März und Mai werden im Forstbezirk Plauen jedes Jahr rund 300.000 junge Bäume gepflanzt. „Unser Ziel sind stabile, vielfältige Mischwälder, die auch dem Klimawandel standhalten“, betont Ines Bimberg. Gepflanzt werden unter anderem Buche, Weißtanne, Eiche, Lärche – Arten, die tief wurzeln oder Trockenphasen besser überstehen. Eine Besonderheit in der Region ist die „vogtländische Höhenkiefer“, eine an die Bedingungen der oberen Berglagen angepasste Variante der Kiefer.

Doch Aufforstung bedeutet Geduld: In den ersten Jahren sind die jungen Pflanzen besonders anfällig für Wildverbiss, Trockenheit und Konkurrenz. Schutzmaßnahmen wie Zäune, Wuchshüllen oder regelmäßige Pflege sind notwendig – ebenso wie langjähriges Fachwissen und Engagement.

Waldpflege ist dabei nicht nur eine ökologische, sondern auch eine wirtschaftliche Aufgabe. Der Wald ist Arbeitsort für Forstwirte, Dienstleister und Auszubildende. Als regionaler Rohstofflieferant liefert er Holz – einen unverzichtbaren, nachwachsenden Baustoff, der langlebig ist und große Mengen Kohlenstoff bindet. „Ein Kubikmeter Holz speichert rund eine Tonne CO₂ – und das für Jahrzehnte, wenn er verbaut wird“, erklärt Ines Bimberg. „Wer also mit Holz arbeitet oder wohnt, leistet auch einen Beitrag zum Klimaschutz.“

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Der Wald ist ein wertvoller Rückzugsort für alle, die Ruhe und Natur suchen – ein Ort zum Aufatmen in einer sich wandelnden Landschaft.

Was sich das Forstpersonal von den Waldbesuchern wünscht, bringt Ines Bimberg auf den Punkt: „Mehr Verständnis dafür, dass auch scheinbar kahle Flächen Teil eines großen Ganzen sind.“ Waldwege seien in erster Linie Wirtschaftswege, die für Holzernte, Pflege und Schutzarbeiten benötigt werden. „Dass sie gleichzeitig als Wanderwege genutzt werden können, ist ein schöner Nebeneffekt.“ Auch Müll, frei laufende Hunde oder Rauchen im Wald bleiben große Probleme. „Waldschutz beginnt mit Achtsamkeit – im Kleinen wie im Großen“, so Ines Bimberg.

Wald erleben mit allen Sinnen: Der Walderlebnisgarten Eich
Ein einzigartiges Ausflugsziel liegt zwischen Treuen und Lengenfeld: der Walderlebnisgarten Eich. „Hier wird der Wald nicht erklärt – hier wird er erlebt“, sagt Ines Bimberg, die den Garten leitet. Kinder und Erwachsene entdecken an Taststationen, Memory, Waldparfümerie und Holzstapelspiel die Geheimnisse des Waldes. Sie spüren weiches Moos, hören das Wispern der Blätter und erkunden die Vielfalt des Bodens.

Ein beliebtes Erlebnis: im Frühling einen jungen Buchensämling im Waldboden entdecken. Die Keimblätter sehen aus wie „Elefantenohren“. „Unsere Elefantenohren zeigen, dass selbst Blätter Geschichten erzählen können, wenn man genau hinhört“, erklärt die Waldpädagogin. „Wer einmal eine Kastanienknospe aufgeschnitten hat und darin den kompletten Sommer angelegt sieht, der versteht die Wunder des Waldes ein Stück besser.“ Ines Bimberg, Waldpädagogin

Der Walderlebnisgarten zählt zu den ältesten waldpädagogischen Einrichtungen Sachsens. Das Angebot richtet sich an Gruppen ab 15 Personen. Vor allem Kindertagesstätten, Schulen und Familien nehmen das Angebot gerne an.  Das Programm reicht von der klassischen Försterwanderung bis zu thematischen Projekttagen – es stärkt die Verbindung zwischen Mensch und Natur.

Der Wald der Zukunft
Ines Bimberg spricht ruhig, fast nachdenklich über die nächsten Jahrzehnte im Wald. „Wir werden nicht mehr erleben, wie diese Wälder einmal aussehen werden“, sagt sie. „Aber wir können heute die Grundlagen legen – mit der Hoffnung, dass daraus etwas Stabiles, Lebendiges entsteht.“ Auch wenn sich der Wald verändert, bleibt er, was er immer war: ein Ort der Kraft, der Ruhe und der Begegnung mit der Natur. Wer mit offenen Augen durch die Wälder des Vogtlands streift, entdeckt nicht nur junge Bäume und knorrige Stämme, sondern auch Geschichten von Erneuerung und Hoffnung zwischen den „Elefantenohren“ der Buchen. Ob auf Wanderwegen, im Walderlebnisgarten Eich oder auf stillen Pfaden: Der vogtländische Wald lädt ein – zum Entdecken, Innehalten und achtsamen Erleben.

Aufgaben der Forstbezirke auf einen Blick

  • Schutz des Waldes: Naturschutz, Wasserhaushalt
  • Nachhaltige Nutzung: Holzernte, Jagdkoordination
  • Umweltbildung: Waldpädagogik, Erlebnisangebote
  • Beratung von Kommunen und Privatwaldbesitzern

Walderlebnisgarten Eich
Treuener Straße 4, 08233 Treuen OT Eich

  • Erlebnisstationen: Taststationen, Memory, Waldparfümerie und Holzstapelspiel
  • Angebote: Führungen für Gruppen aller Altersklassen, Schulen und Kitas

So kommen Sie hin

Zug Lengenfeld (3,5 km Fußweg) oder Treuen, Bahnhof (4 km Fußweg)
Bus Eich, Walderlebnisgarten (TaktBus 63 zwischen Lengenfeld und Treuen)